Cannabis und psychische Erkrankungen

Cannabis und psychische Erkrankungen

Cannabis und psychische Erkrankungen? Schon lange werden diese beiden Themenbereiche zusammengedacht. Doch während Cannabis lange ausschließlich als Verursacher von psychischem Leiden betrachtet wurde, rückt es in den letzten Jahren zunehmend als Therapieoption in den Fokus. Eingesetzt wird es aufgrund einer noch recht dünnen Studienlage bisher zwar nur in Einzelfällen; doch die entsprechende Forschung nimmt rasant zu – ebenso wie die Möglichkeiten, ein Rezept für Cannabis zu erhalten.

Cannabis als Auslöser psychischer Erkrankungen

Lange Zeit drehte der Diskurs sich um Cannabis als Ursache psychischer Erkrankungen sowie als Einstiegsdroge. Ein wesentliches Argument gegen eine Legalisierung bestand darin, dass Cannabiskonsum die Wahrscheinlichkeit insbesondere für Psychosen deutlich erhöhe. Darüber hinaus wurde vielfach argumentiert, Cannabiskonsum verleite insbesondere junge Konsument*innen dazu, auch andere Drogen zu nehmen. Während für letztgenannten Punkt keine Evidenz vorliegt, ist es nicht falsch, dass Cannabiskonsum die Wahrscheinlichkeit bestimmter psychischer Erkrankungen erhöhen kann.
In einem Forschungsbericht des Bundesgesundheitsministeriums wird etwa auf das Risiko psychotischer Erkrankungen hingewiesen: „Am deutlichsten ausgeprägt ist das erhöhte Krankheitsrisiko bei Psychosen: Bei gelegentlichem Konsum ist es um das 1,4- bis 2-fache erhöht, bei intensivem Konsum steigt das Risiko je nach Studie auf das 2- bis 3,4 fache [sic!] an“. Erhöht, wenngleich nicht in diesem hohen Maße, ist außerdem das Risiko für Angststörungen, Depressionen und bipolare Störungen.

Cannabis als Therapie psychischer Erkrankungen

Wie bereits erwähnt, hat seit einigen Jahren jedoch auch eine andere Betrachtung an Popularität gewonnen: Cannabis als Therapieoption für psychische Erkrankungen. Die Studienlage ist hier insgesamt noch dünn, was auch darauf zurückzuführen ist, dass entsprechende Forschungen erst seit kurzer Zeit in größerem Stile durchgeführt werden. Gute Evidenz liegt jedoch bereits für den Einsatz von Cannabis bei chronischen Schmerzen vor. Chronische Schmerzen sind zwar keine psychische Erkrankung, bringen jedoch häufig solche mit sich und beeinträchtigen die Lebensqualität der Betroffenen erheblich. Cannabis wurde hier in vielen Studien zusätzlich zu herkömmlicher Schmerzmedikation gegeben. Subjektiv konnte es zu deutlichen Schmerzsenkungen beitragen und damit die Lebensqualität der Betroffenen verbessern.

Getestet wird Cannabis darüber hinaus als Therapieoption bei chronischer Depression, bei Schlaf- und Angststörungen, beim Tourette-Syndrom und sogar bei therapieresistenten Psychosen. Meistens kommt hier vor allem der Cannabisinhaltsstoff CBD zum Einsatz. CBD zeichnet sich dadurch aus, dass er nur in geringem Maße psychoaktiv ist. CBD zeigt in ersten Studien darüber hinaus deutlich weniger Nebenwirkungen als THC, der hauptsächlich berauschende Inhaltsstoff des Cannabis. Langfristige Beobachtungsstudien liegen hier jedoch noch nicht vor.

Cannabis auf Rezept

Die Möglichkeiten der therapeutischen Anwendung sind in den letzten Jahren gestiegen. Seit 2017 ist es in Deutschland leichter möglich, Cannabis als Medizin bei schwerwiegenden Erkrankungen einzusetzen. Alle Ärzt*innen in Deutschland sind seitdem dazu berechtigt, Cannabis zu verordnen. Patient*innen können ihr Medikament damit in einer Cannabis Apotheke beziehen, etwa bei Grüne Blüte – aber auch vor Ort in der Apotheke. Im Jahr 2020 wurden in Deutschland insgesamt 8.872 Cannabisbehandlungen durchgeführt. Der weitaus größte Teil erfolgte bei chronischen Schmerzen. Der Anteil psychischer Erkrankungen an den Verschreibungsgründen war demgegenüber relativ gering. Die vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte am häufigsten aufgeführte psychische Erkrankung unter den Verschreibungsgründen war im Jahr 2020 die Depression. Mit dieser Indikation wurden insgesamt 259 Cannabistherapien durchgeführt. Bei Schlafstörungen wurden im gleichen Jahr 74 Cannabistherapien durchgeführt. Über die Art des verordneten Cannabisarzneimittels gibt das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte keine Auskunft. So ist nicht klar, in wie vielen Fällen es sich um THC-haltige und in wie vielen um rein CBD-haltige Arzneimittel handelte.

In jedem Falle muss Cannabis, da es in Deutschland als Betäubungsmittel gilt, auf einem sog. Betäubungsmittelrezept verordnet werden. Hierbei handelt es sich um ein spezielles Rezeptformular, das mehr Informationen enthält als eine gewöhnliche Verordnung. Ausgestellt werden kann dieses Rezept jedoch – wie bereits erwähnt – von allen Ärzt*innen in Deutschland.

Fazit: Cannabis und psychische Erkrankungen

Letztlich lässt sich damit festhalten, dass Cannabis bei psychischen Erkrankungen eine Doppelrolle zukommt: Es kann sie auslösen, wird zunehmend jedoch auch in der Therapie eingesetzt. Therapeutisch interessant erscheinen dabei vor allem Cannabisprodukte, die vor allem CBD enthalten. Hier scheint das Nebenwirkungspotential deutlich geringer zu sein als bei THC-haltigen Produkten. In Deutschland wird Cannabis derzeit vor allem bei chronischen Schmerzen eingesetzt. Es kommt jedoch auch bei Depression und Schlafstörung zum Einsatz, ebenso beim Tourette-Syndrom. Weitere Forschung erscheint hier nötig. Nichtsdestotrotz besteht bereits heute die Möglichkeit, eine entsprechende Therapie zu erhalten.