Geschichte des Psychologiestudiums

Das Psychologiestudium zählt heute zu den beliebtesten Studienfächern in Deutschland. Zu sehen ist das etwa am Numerus Clausus, der an den meisten Universitäten zwischen 1,2 und 1,5 liegt. Auch in Österreich ist das Studium enorm beliebt: Hier regelt ein Psychologie-Aufnahmetest, bei dem immer deutlich mehr Bewerber*innen antreten als Studienplätze zur Verfügung stehen, den Zugang zum Studium. Dabei ist das Psychologiestudium eine relativ junge historische Erscheinung. Wie es entstanden ist und sich im Laufe der Zeit verändert hat, zeigt der vorliegende Artikel.

Psychologie vor der Institutionalisierung

Die Beschäftigung mit heute als psychologisch eingeordneten Fragen lässt sich lange zurückverfolgen – wesentlicher länger als die Geschichte eines eigenständigen Faches Psychologie. Der Psychologe Hermann Ebbinghaus hat das prägnant festgehalten: „Die Psychologie hat eine lange Vergangenheit, doch nur eine kurze Geschichte“. Forschungen zu psychologischen Fragestellungen wurden lange im disziplinären Rahmen von Philosophie, Pädagogik und Medizin bzw. Physiologie betrieben. Hierin deuten sich bereits die stark unterschiedlichen Perspektiven auf die entsprechenden Gegenstände an. Der erste Lehrstuhl für Psychologie in Deutschland wurde im Jahr 1875 in Leipzig durch Umwidmung eines Lehrstuhls für Philosophie geschaffen. Besetzt wurde er mit dem Physiologen Wilhelm Wundt, der damit gewissermaßen als Begründer der institutionellen Psychologie in Deutschland gelten kann. Im deutschsprachigen Raum gab es zuvor jedoch bereits eine Honorarprofessur für Psychologie: Zwischen 1860 und 1866 war Moritz Lazarus in Bern entsprechend tätig. Weder die Schweizer Honorarprofessur noch der Leipziger Lehrstuhl waren jedoch mit der Etablierung eines entsprechenden Studiengangs verbunden.

Beginn des Psychologiestudiums

Eine formalisierte Ausbildung in Psychologie wurde erst später möglich: Psychologie wurde zunächst an einigen deutschen Universitäten als Promotions- und später als Magisterfach eingeführt. Vereinheitlicht wurden die entsprechenden Studienangebote durch den 1941 eingeführten Diplom-Studium. Die bindende Rahmenprüfungsordnung, die in der NS-Zeit eingeführt wurde, diente der Normierung des Studiums – und fügte sich damit bruchlos in die Gleichschaltungsbemühungen des NS-Regimes ein. Auch ideologisch war das klar erkennbar. Zu den vorgesehenen Prüfungsfächern zählten u.a. Charakterkunde und Erbpsychologie, Kultur- und Völkerpsychologie oder Philosophie und Weltanschauung. Auffällig ist ferner, dass die Klinische Psychologie nicht Bestandteil des Studiums war – was vor dem Hintergrund der globalen Popularität der Psychoanalyse in der entsprechenden Zeit verwundert. Zurückzuführen ist das wiederum auf ideologische Gründe: Die Psychoanalyse galt als jüdisch und war damit verpönt. Hinzu kommt die Vorstellung des Herrenmenschen, die mit psychischem Leiden unvereinbar war.

Nach dem Ende des 2. Weltkriegs kam es zu einer Überarbeitung der Prüfungsordnungen an den Universitäten: Erbpsychologie und Weltanschauung als Bestandteile des Studiums wurden gestrichen. Neue staatliche Vorgaben gab es indes nicht. Die Universitäten orientierten sich daher weiterhin an der alten Prüfungsordnung, begannen jedoch, eigene Schwerpunkte zu setzen und den aktuellen Forschungsstand im Curriculum abzubilden. Auch in der DDR veränderte sich das Psychologiestudium. Neben der Befreiung von NS-Ideologie ist hier eine neue Ideologisierung zu beobachten: Das Fach Marxismus-Leninismus wurde verpflichtend. Weiterhin wurde in der DDR eine stärkere Spezialisierung bereits im Studium durchgesetzt. So war etwa eine Qualifikation als „Fachpsycholog*in für Klinische Psychologie“ möglich.

In der Bundesrepublik änderten sich die Studieninhalte abermals im Jahr 1973 durch die Einführung einer neuen Rahmenprüfungsordnung. Diese brachte Methodenlehre als eigenes Fach mit sich. Darüber hinaus wurden Sozialpsychologie und Physiologische Psychologie als eigene Fächer eingeführt und das Fach Charakterkunde durch Differentielle Psychologie und Persönlichkeitsforschung ersetzt. Zudem wurden auch in der Bundesrepublik stärkere Spezialisierungen in der Hauptstudienphase möglich, was zuvor nicht der Fall war. Lange hielt diese Situation jedoch nicht an: Mit der neuen Rahmenprüfungsordnung von 1987 wurden die großen Wahlmöglichkeiten im Hauptstudium stark gekürzt. Eine weitere neue Rahmenprüfungsordnung aus dem Jahr 2002 brachte keine größeren inhaltlichen Veränderungen mit sich.

Neue Entwicklungen: Bachelor und Master

In den 2000er-Jahren erfolgte jedoch die Umstellung des Studiums auf das neue Bachelor-Master-System. Damit ergaben sich zahlreiche Fragen. Neben solchen nach der Studienorganisation drängten insbesondere die nach der Einordnung der neuen Studienabschlüsse. Letztlich wurde klar, dass der Bachelor keine vollständige Qualifikation im Bereich der Psychologie darstellt und somit nicht zur Führung der Berufsbezeichnung Psycholog*in berechtigt – und nicht für entsprechende Tätigkeiten qualifiziert. De facto ist seitdem für eine Tätigkeit im Bereich der Psychologie ein Master-Abschluss nötig, der als dem Diplom gleichwertig anerkannt wird. Für den Zugang zu postgradualen Aus- und Weiterbildungen ist er vorgeschrieben.

In den folgenden Jahren kam es zu zahlreichen weiteren Entwicklungen. Zu nennen ist hier insbesondere die Einführung von Psychologie-Studiengängen an (zumeist privaten) Fachhochschulen. Diese weisen in der Regel einen hohen Anwendungsbezug auf und sind meist auf bestimmte Anwendungsfelder der Psychologie beschränkt. Vom BDP werden sie nur zum Teil als vollwertige Psychologiestudiengänge anerkannt. Ein Zugang zur Psychotherapieausbildung ist mit ihnen nicht möglich.

Die letzte große Veränderung erfuhr das Psychologiestudium im Rahmen der Umgestaltung des Psychotherapeutengesetzes im Jahr 2020. Dieses schreibt sehr detailliert die Studieninhalte vor, die absolviert werden müssen, um bereits mit dem Master eine Approbation als Psychotherapeut*in zu erhalten. Die Universitäten reagierten darauf mit der Einführung neuer Psychologiestudiengänge. Die meisten Universitäten bieten polyvalente Bachelorstudiengänge an, in denen bereits eine Spezialisierung möglich (und für all jene, die in die Psychotherapie streben, nötig) ist. Daneben gibt es nun spezialisierte Masterstudiengänge, etwa in Klinischer Psychologie und Psychotherapie mit anschließender Approbationsprüfung, aber auch in anderen Anwendungsfächern der Psychologie. Einige Universitäten bieten darüber hinaus allgemeine Masterstudiengänge der Psychologie an, die weniger anwendungsbezogen, sondern stärker auf die Forschung ausgerichtet sind.

Situation in Österreich und der Schweiz

In Österreich und der Schweiz werden ebenfalls Bachelor- und Masterstudiengänge der Psychologie angeboten. Diese sind jedoch meist weniger spezialisiert als die in Deutschland seit 2020 eingeführten. Damit ist ein Uniwechsel zwischen den Ländern (zumindest für diejenigen, die eine Qualifikation im Bereich der Klinischen Psychologie und Psychotherapie anstreben) schwieriger geworden. Die Studiengänge entsprechen eher denen, die in Deutschland bis 2020 angeboten wurden: Sie führen zu einer allgemeinen Qualifikation im Bereich der Psychologie, bieten zwar die Möglichkeit einer Spezialisierung, das jedoch in einem geringeren Rahmen.