Telemedizin bei psychischen Erkrankungen

Telemedizin bei psychischen Erkrankungen

Telemedizin liegt im Trend. In Zeiten der Digitalisierung und des Ärzt*innenmangels setzen immer mehr Unternehmen auf telemedizinische Betreuung. Patient*innen können mittlerweile auch in Deutschland über das Internet Ärzt*innen kontaktieren und sich behandeln lassen – selbst innerhalb der kassenärztlichen Versorgung. Doch funktioniert das auch bei psychischen Erkrankungen?

Telemedizin in Deutschland

Seit 2018 ist die ausschließlich telemedizinische Behandlung Ärzt*innen in Deutschland gestattet. Zuvor sah die gesetzliche Regelung vor, dass zunächst ein persönlicher Kontakt zwischen Ärzt*in und Patient*in stattfinden musste, ehe eine Fernbehandlung gestattet war. Das Kippen dieser Regelung brachte ungeahnte Möglichkeiten mit sich: Reine Online-Praxen und entsprechende Dienste konnten seitdem ihre Arbeit aufnehmen. Am 1. April 2019 kam es zur nächsten einschneidenden Änderung: Seitdem können reine Online-Leistungen auch gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen abgerechnet werden. Seit 2019 steht die Telemedizin damit auch gesetzlich Versicherten unbegrenzt offen. Prinzipiell ist der Einsatz telemedizinischer Behandlungen dabei nicht auf einzelne Fachrichtungen beschränkt, sofern die Leistungen nicht aus technischen Gründen vor Ort erbracht werden müssen – etwa bei apparativer Diagnostik oder chirurgischen Maßnahmen. Damit steht die Telemedizin auch in Psychiatrie und Psychotherapie zur Verfügung. Doch wie genau kann die Fernversorgung bei psychischen Erkrankungen aussehen?

Telemedizin bei psychischen Erkrankungen

Relativ simpel ist die regelhafte ambulante psychiatrische Versorgung, da hier meist nur Symptombesprechungen und das Ausstellen von Folgerezepten anstehen. Seitdem das E-Rezept an Verbreitung gewonnen hat, ist das problemlos ohne Vor-Ort-Kontakt möglich. Darüber hinaus können auch weniger etablierte Arzneimittel ohne persönlichen Kontakt verordnet werden. Zu nennen ist hier insbesondere die Verordnung von Cannabis als Medikament. Cannabis wird in Deutschland primär bei chronischen Schmerzen eingesetzt, kommt immer wieder jedoch auch bei psychischen Erkrankungen, insbesondere bei Depression, Tourette-Syndrom und Schlafstörungen, zum Einsatz. Diverse Anbieter wie etwa GreenMedical bieten hier die Möglichkeit, die Versorgung vollständig online sicherzustellen.

Schwieriger ist die telemedizinische Versorgung im Bereich der Psychotherapie. Dies ist zwar mittlerweile ebenfalls möglich; tatsächlich ist die Umsetzung des üblichen Settings im Online-Bereich jedoch nur schwer möglich. Zu denken ist hier etwa an das liegende Setting im Rahmen der Psychoanalyse oder an Expositionen oder Entspannungstechniken im Rahmen der Verhaltenstherapie. Darüber hinaus ist zu erwarten, dass der Aufbau einer tragfähigen therapeutischen Beziehung, die aktuellen Studien zufolge den wichtigsten Erfolgsfaktor in der Therapie darstellt, ohne persönliche Kontakte deutlich schwerer umzusetzen ist als vor Ort.

Darüber hinaus muss darauf hingewiesen werden, dass die Einschätzung des aktuellen Befindens der Patient*innen durch Ärzt*innen oder Psychotherapeut*innen im persönlichen Kontakt deutlich leichter fallen dürfte.

Digitale Gesundheitsanwendungen

Ein ganz neues Behandlungsfeld stellen digitale Gesundheitswendungen (auch: Gesundheits-Apps) dar. Diese kommen besonders häufig bei psychischen Erkrankungen zum Einsatz. So stehen etwa interaktive Online-Therapieprogramme bei Depressionen zum Einsatz. Derartige Apps können von Ärzt*innen und Psychotherapeut*innen auf Rezept verordnet werden. Patient*innen können die Therapieprogramme anschließend selbstständig durchführen. Hinzuweisen ist hier jedoch darauf, dass sie eine psychotherapeutische und/oder medikamentöse Behandlung nicht ersetzen können. Digitale Gesundheitsanwendungen kommen vor allem begleitend oder zur Überbrückung der sehr langen Wartezeit auf einen Therapieplatz zum Einsatz.

Fazit: Telemedizin bei psychischen Erkrankungen

Insgesamt lässt sich damit festhalten, dass der Einsatz von Telemedizin auch bei psychischen Erkrankungen möglich ist. Insbesondere die Ausstellung von (Folge-)Rezepten kann problemlos telemedizinisch erfolgen. Auch der begleitende oder überbrückende Einsatz von digitalen Gesundheitsanwendungen stellt eine neue Möglichkeit der Behandlung dar. Insbesondere im Bereich der Psychotherapie kann die telemedizinische Versorgung die Vort-Ort-Behandlung jedoch nicht adäquat ersetzen.