Spielen und motorische Entwicklung

Spielen und motorische Entwicklung

Die Entwicklung der Motorik ist – neben dem Körperwachstum und der Sprachentwicklung – das wohl offensichtlichste Merkmal der frühen Kindheit. Mit der Zeit lernt das Kind, seinen Kopf, seine Arme und seine Beine zu bewegen, später kann es laufen und greifen, irgendwann problemlos das Gleichgewicht halten. Doch wie genau verläuft diese motorische Entwicklung und welche Bedeutung hat das kindliche Spiel dabei?

Die motorische Entwicklung

Die motorische Entwicklung wird als von der Körpermitte auf die Extremitäten übergreifend beschreiben: Kinder erlangen zunächst die Kontrolle über die größeren Muskeln am Kopf und Rumpf, ehe sie lernen, die feineren in den Armen und Beinen, später dann in den Fingern und Zehen zielgerichtet zu gebrauchen.

In den ersten Lebensmonaten ist die motorische Entwicklung gut an der zunehmenden Mobilität des Kindes zu beobachten: Es lernt, sich eigenständig fortzubewegen. Darüber hinaus entwickelt es eine grundlegende Greiffähigkeit. Später kann es aufrecht stehen und gehen, ist dabei jedoch noch unsicher. In der weiteren Entwicklung wird der Gang stabiler, das Kind wird geschickter und wendiger, bald kann es das Gleichgewicht problemlos halten – auch bei komplexen Bewegungen wie sie beim Schwimmen oder Fahrradfahren erforderlich sind.

Das Spiel als Erprobungsraum

Im Laufe der motorischen Entwicklung erwirbt das Kind damit die Fähigkeit, sich in immer größeren Sphären zu bewegen. Jeder Schritt der motorischen Entwicklung erlaubt ein wenig mehr Eigenständigkeit und verhilft dazu, ein wenig mehr von der Welt entdecken zu können. Es verwundert daher nicht, dass das Kind selbst ein Interesse an seiner motorischen Entwicklung ausbildet.

Eine besondere Funktion kommt in diesem Kontext dem kindlichen Spiel zu. Dem Psychologen Karl Groos zufolge erfüllt das Spiel vor allem eine Einübungsfunktion: Kinder entwickeln hier ihre physischen wie psychischen Fähigkeiten, üben Rollen ein und bereiten sich so auf die Welt der Erwachsenen vor. Das Spiel kann damit als eine Art simulierter Erfahrungsraum verstanden werden. Bezüglich der motorischen Entwicklung bedeutet das, dass etwa das Spiel mit Spielzeug für Kinder den Kindern die Möglichkeit bietet, ihre verschiedenen motorischen Fähigkeiten auszuprobieren und zu erweitern – und zwar ohne Konsequenzen, wie sie in der echten Welt zu erwarten wären.

Das gilt dabei nicht nur für Spielzeuge, die speziell für die motorische Entwicklung designt wurden, sondern für die allermeisten Dinge, mit denen Kinder für gewöhnlich spielen. Überdies sind nicht nur pädagogisch angeleitete Spiele in der genannten Hinsicht entwicklungsförderlich, sondern jedes Ausprobieren und Herantasten, da hierfür motorische Fähigkeiten eingesetzt, ausprobiert und somit letzten Endes geschult werden. Die etwa bei Maria Montessori oder Peter Petersen zu findende Abwertung der „Spielerei“, die vom pädagogischen Spiel abgegrenzt wird, ist damit nicht sinnvoll.

Eine solche Erprobungs- und Schulungsfunktion kommt dem Spiel dabei auch abseits der motorischen Entwicklung zu, etwa bezüglich des Auslebens eigener Emotionen, des Austestens verschiedener sozialer Rollen oder Konfrontation mit gesellschaftlich nicht akzeptierten Fantasien.

Lernspielzeuge für die motorische Entwicklung

Das Plädoyer für die allgemeine Anerkennung des Spiels auch jenseits genuin pädagogischer Settings bedeutet dabei jedoch nicht, dass spezielle Lernspielzeuge überflüssig wären. Kinder-Puzzles, Bausteine, die für bestimmte Altersgruppen designt wurden, oder Steckspiele sind etwa bewusst darauf ausgelegt, die motorischen Fähigkeiten des Kindes zu fordern und damit zu fördern. Hinzu kommt die Tatsache, dass speziell für das kindliche Spiel produzierte Produkte meist frei von Schadstoffen sind, was für gewöhnliche Haushaltsgegenstände häufig nicht gilt.